Erinnerung in der multikulturellen Gesellschaft

Die Verfolgungsgeschichte der europäischen Jüdinnen und Juden spielt im Rahmen der deutsch-israelischen Beziehungen bis heute eine bedeutende Rolle. Was sich verändert hat, sind die Gesellschaften in Deutschland und Israel: Einwanderung und demographische Entwicklungen haben soziale und kulturelle Vielfalt entstehen lassen. Das gilt auch und gerade für eine neue Generation von Jugendlichen – und die im Schüleraustausch zwischen beiden Ländern lange praktizierten Formen des Erinnerns werden ihnen und auch dem Gedenken selbst oft nicht mehr gerecht. 30 Schülerinnen und Schüler der Yad-be-Yad-Schule in Jerusalem und des Schiller-Gymnasiums in Berlin begeben sich nun auf ihren eigenen Weg des Zurückblickens: Sie suchen gemeinsam Formen der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, an denen sie alle teilhaben können.

Am Anfang dieses Weges, der von der Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz in Berlin und dem Ghettokämpfer-Museum Beit Lohamei Ha Ghettaot moderiert wird, stehen die eigenen Familienbiografien: Woher kommen die teilnehmenden jungen Leute im buchstäblichen wie im übertragenen Sinn? Und wie wird in ihren Familien von der Vergangenheit erzählt? Hierauf Antworten zu finden ist für alle eine wichtige Vorbereitung der Begegnungsreisen nach Deutschland und Israel, wo die beiden Gruppen zusammenkommen werden. Die je eigene Geschichte – und die der anderen – ist aber auch eine Grundlage, auf die die jungen Leute während einer Reise zurückgreifen können, die sie in ihnen (noch) unbekannte Städte und Stadtteile, in Museen und Gedenkstätten führt. Die Herausforderung ist hier eine ganz besondere: die Erinnerungskultur und -politik in beiden Ländern zu erfahren und – in einem zweiten Schritt – gemeinsam eigene Vorschläge für die Gestaltung des Gedenkens zu machen. Eine nicht einfache, sicher aber umso spannendere Aufgabe, an die die Schülerinnen und Schüler mit Hilfe von Methoden aus der Gestaltpädagogik herangehen. Am Ende werden individuelle Entwürfe für einen Blick zurück stehen, der den Jugendlichen ebenso gerecht wird wie dem nach wie vor wichtigen Erinnern an die Shoa selbst.

Die Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz in Berlin begleitet und moderiert gemeinsam mit dem Ghettokämpfer-Museum Lohamei Ha Ghettaot in Israel einen besonderen Schüleraustausch: 30 Schülerinnen und Schüler der Yad-be-Yad-Schule (Hand-in-Hand-Schule) in Jerusalem und des Schiller-Gymnasiums in Berlin setzen sich in der Zeit von Januar bis September 2011 mit der Bedeutung von öffentlicher und individueller Erinnerung im Rahmen der deutsch-israelischen Beziehungen auseinander. Neben getrennten Vorbereitungen ist die gemeinsame Arbeit vor Ort in beiden Ländern Teil des Programms. An der Planung des gesamten Vorhabens sind auch zwei junge Erwachsene im Freiwilligendienst beteiligt: Im Haus der Wannseekonferenz ist dies eine junge Israelin und in der Yad-be-Yad-Schule ein junger Mann aus Deutschland. Die Ergebnisse des Projekts werden die Initiatoren bei Fortbildungen für Lehrerinnen und Lehrer sowie Multiplikatorinnen und Multiplikatoren vorstellen.